Wer ist schon „normal“…?

Lesezeit: 6,5 Minuten | Bild von Ryan McGuire auf Pixabay |

Kennt ihr das auch…? Es gibt Dinge, auf die hat man jetzt gerade so überhaupt gar keine Lust. Bei mir, wie sicher auch bei vielen anderen Menschen (…bei euch auch…?) gehört Putzen (Staubwischen, Saugen, Bäder sauber machen etc.), Bügeln, Papierkram (wie Ablage oder irgendwelche Firmen anschreiben), Geschirrspüler ausräumen, Behördengänge und, und, und…zu den eher unliebsamen Erledigungen.

Bist du auch ein Listen-Schreiber? Ich bin eine Listen-Schreiberin. Ich liebe es, Listen zu schreiben. Meine am häufigsten genutzte Liste war meine ToDo-Liste. Ich kam mir unwahrscheinlich produktiv vor, wenn ich aufschrieb, was ich noch alles erledigen wollte. Leider wurde sie häufig auch sehr lang. Denn oft genug dachte ich, könne ich mich einfach nicht aufraffen, die Dinge, die darauf standen, auch zu dem gesetzten Termin zu erledigen. Im Grunde war es ja auch so denn, es passte nicht zu meiner inneren Uhr.

Der „normale“ Mensch hat z.B. einen bestimmten Tag und ggf. eine Uhrzeit (immer samstags nach dem Frühstück) in der Woche an dem er oder sie die übliche Hausarbeit erledigt, also Bäder putzen, Staub wischen, Saugen etc. An einem anderen festen Tag wird dann Wäsche gewaschen und wieder an einem anderen festen Tag die Wäsche gebügelt und so weiter und sofort.

Auf mich wirkt das sehr diszipliniert und strukturiert. Und ich freue mich für jeden der oder die vom Naturell her so ist. Ich stellte mir immer die Frage, ob diese Menschen das dann einfach so tun, ohne darüber nachzudenken, weil es eben so sein muss und jetzt der feste Tag ist an dem z.B. gebügelt wird oder, ob die sich auch denken: „Ich MUSS jetzt bügeln, aber eigentlich habe ich darauf so gar keine Lust…“

Und dann mutmaßte ich, neben all den so disziplinierten und strukturierten Menschen, die es da draußen ja so geben soll: „Ob ich wohl nicht der „Norm“ entspreche?“ Ich scheine in diesen Fällen überhaupt nicht diszipliniert, strukturiert und pflichtbewusst zu sein. Bin ich nicht „normal“? Alle anderen bekommen das doch auch hin? Was läuft falsch bei mir?

Nichts. Einfach mal nichts.

Für mich bin ich so genau richtig. Ich entspreche einfach meiner eigenen „Norm“. UND! …von meiner Sorte gibt es noch ganz viele!

Nur, damit jetzt keiner glaubt, ich würde nie Putzen, Bügeln oder Wäsche waschen. Doch natürlich, das mache ich auch!

Ich tue das alles aber, in meinem eigenen Rhythmus und in den seltensten Fällen alles auf einmal oder an festen Tagen oder gar zu festen Zeiten. Und trotzdem (oder gerade deswegen?) ist alles aufgeräumt und sauber. Die Ablage wird genauso erledigt, wie das Schreiben von Behördenbriefen.

Die wenigsten Menschen aber trauen sich nach ihrem eigenen Rhythmus zu leben und nach diesem Rhythmus ihre ToDo’s zu erledigen.

Und wann erledigen Menschen, wie ich z.B. ihren Haushalt?

Die Antwort ist: Wenn der Bauch sagt, jetzt ist es dran. Der schreibt keine Listen oder hat eine Uhrzeit. Der sagt nur „Jetzt“.

Da kann es schon mal passieren, dass um 21 Uhr noch das Bad gemacht wird. Ich um 22 Uhr am liebsten noch Saugen würde…aber das kann ich meinen Nachbarn nicht antun (Mist, jetzt wäre mir aber gerade danach…). Um 6 Uhr morgens der Gefrierschrank abgetaut wird. Sonntags die Waschmaschine läuft und gebügelt wird tatsächlich nur, wenn das Lieblingsstück wieder angezogen werden will.

Das ist übrigens ein guter Trick, um festzustellen, was man wirklich immer anzieht und welche Kleidungsstücke, weil sie NIE gebügelt werden, den Kleiderschrank verlassen dürfen und uns nicht mehr belasten. Das spart übrigens auch Zeit, weil ich so nur noch die Sachen bügle, die ich sowieso immer gerne trage. Wobei mittlerweile die meisten Sachen in meinem Schrank eh nicht mehr gebügelt werden müssen. Auch das spart Zeit. Aber das nur mal so am Rande.

Manch einer verdreht jetzt vielleicht bei den Uhrzeiten die Augen und denkt sich: „Das ist doch nicht normal…“ Aber, was ist schon „normal“? Für mich ist vielleicht das „disziplinierte“ Verhalten der anderen nicht „normal“. Was ist schon „normal“ und wer kann bzw. darf sich das Recht herausnehmen darüber zu urteilen, ob dieses Verhalten „normal“ ist oder nicht?

Und wenn es mich packt, zu den für andere, unmöglichsten Zeiten irgendwelche Dinge zu erledigen, dann mache ich das! Weil ich es genau dann machen will! Kein Zwang, keine Überwindung.

Wie gesagt, es gibt noch viele andere, so wie mich. Wir sind weder faul noch undiszipliniert.

Es gibt genug Menschen, die innerlich genauso ticken und auch lieber nach ihrem eigenen Rhythmus leben würden. Aber sie tun es nicht.

Sie tun es nicht, weil sie sich entweder ungläubigen Blicken ausgesetzt sähen oder ihr Handeln mit „Was machst du denn da zu dieser Uhrzeit…?“ kommentiert würde oder auch beides gleichzeitig. Wer würde sich da nicht „irre“ vorkommen und seinen Impuls, seine innere Uhr unterdrücken?

Um einer Diskussion oder gar einer Konfrontation aus dem Weg zu gehen lassen sie es bleiben, handeln gegen ihren eigenen Impuls und verharren in der gesellschaftlichen „Norm“. Wie sich dieses Zurücknehmen auswirkt, kann dann bei jedem unterschiedlich sein.

Hinzu kommt, dass es massenweise Ratgeber gibt, die einem erzählen, wie man es endlich schafft Dinge zu erledigen und seinen inneren Schweinehund besiegt. Menschen, die einem zu Hauf erklären und Tipps geben, wie man seine Aufschieberitis, also seine Prokrastination, los wird. Und Experten, die einem auf diese Weise immer wieder suggerieren man sei so, wie man ist, nicht richtig, nicht „normal“. Alle anderen würden es doch auch schaffen ihre ToDo’s diszipliniert abzuarbeiten, nichts aufzuschieben und sogar sofort zu erledigen.

Warum du nicht??? Du gehörst gerade nicht dazu, aber das lässt sich ja ändern.

Sie erzählen einem, warum man das selber nicht schafft und was man tun muss, um dazuzugehören. Wenn doch aber im Grunde schon alle dieser gesellschaftlichen Norm entsprechen, stellt sich mir gerade die Frage, warum sich diese „Ratgeber“ soooo guuuut verkaufen… Im Grunde wird man kritisiert, weil man nicht der gesellschaftlich festgelegten Norm entspricht.

Wer oder was ist also die Norm? Wer bestimmt, was „normal“ oder „nicht normal“ ist? Und warum wollen alle „normal“ sein?

Warum scheitern so viele nach kurzer Zeit bei der Umsetzung, der ach so wirkungsvollen und hilfreichen Tipps, seinem inneren Schweinehund zu entkommen und endlich ein diszipliniertes, strukturiertes und erfülltes Leben zu führen? Bist du nicht diszipliniert, nicht willensstark genug?

Ich kann nur sagen, ich habe sie ALLE gelesen, weil ich auch dazugehören wollte, ich wollte auch SO sein! …und habe irgendwann festgestellt, dass es für mich so gar keinen Sinn machte, mich zu zwingen etwas zu tun oder zu erledigen, wenn ich doch gerade etwas anderes viel lieber täte (z.B. Lesen oder Blog-Beiträge für euch schreiben). Es gibt Menschen wie mich, die einfach nicht SO sind! Und das ist OK! Bei uns funktionieren diese Ratgeber nicht. Und die Menschen, die schon so funktionieren brauchen sie nicht.

Ich beschloss, darauf zu vertrauen, dass mein Bauch mir schon sagt, wann dieses oder jenes erledigt oder gemacht werden will. Der Impuls wird schon kommen. Kein Druck, kein Zwang, kein „Du musst…!“, kein „Was sollen die anderen denken…?“, kein schlechtes Gewissen. Loslassen!

Welch Entspannung!!!

Und, was soll ich sagen. Na klar funktioniert es!

Vertraut darauf, dass der Impuls tatsächlich kommt. Und dann kommt er auch. Vielleicht nicht zu einer der „Norm“ entsprechenden üblichen Uhrzeit… ***LACH***, aber er kommt. Und egal, was ihr dann tut oder erledigt, es muss nicht perfekt sein.

Meine Listen, insbesondere meine ToDo-Liste, schreibe ich trotzdem weiterhin sehr gern. Daran wird sich wahrscheinlich auch nie etwas ändern. Ich bin ein „Listen-Girl“!

Aber meine ToDo-Liste dient mittlerweile nur noch als Speicher für all die Dinge, die mir so im Kopf rumschwirren und die ewig und drei Tage in meinem Kopf rumschwirren würden, wenn ich sie nicht aufschriebe. In meiner ToDo-Liste bzw. Gedankentanker-Liste sind sie gut aufgehoben und nerven mich nicht ständig.

Dies ist übrigens noch ein Tipp, um dieses „Ich muss noch an ………………………… denken.“, loszuwerden. Es verschafft einem eine gute Übersicht der Dinge, die man aufgeschrieben hat, weil man dachte, sie seien wichtig, sich daran zu erinnern oder sie zu erledigen. Dann stellt man fest, dass sie in der Liste schon seit vielen Wochen stehen. Bedeutet, sind sie auch nicht wichtig, waren wahrscheinlich auch nie wichtig und können unerledigt weg. Wieder Zeit gespart und nichts umsonst getan.

Wer bislang also von sich dachte, er oder sie sei auch nicht ganz „normal“…

ALLES QUATSCH!

Macht einfach euer Ding, wann und zu welcher Uhrzeit auch immer ihr es machen wollt! Hört weder auf Ratgeber noch auf Menschen, die euch anstarren als wäret ihr vom Mond. Hört auf euch selbst und freut euch, dass ihr es könnt, wann immer ihr es wollt. Niemand muss wider seine eigene Natur handeln. Auch, wenn euch einige weißmachen wollen, dass es anders besser sei.

Und sollte jemand euch gegenüber doch mal die Augen verdrehen oder euch fragen, was ihr denn da um diese unchristliche Uhrzeit schon oder noch treibt, dann gibt es nur eine Antwort:

„Ich bin Ich und Du bist Du.“

In diesem Sinne, i-doitnow

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