Lesezeit: ca. 7 Minuten | Bild von Kálmán Nyéky auf Pixabay |
Kennt ihr das auch? Wenn man privat oder beruflich vor einer Herausforderung steht und mit anderen darüber spricht, hört man immer wieder: „Ja, mach‘ das doch!“, „Wo ist das Problem!“, „Klar, musst du das machen!“. Selbst hat man solche oder ähnliche Sätze sicher auch schon oft zu anderen gesagt. Und dann sitzt man da und soll „einfach“ machen, wie es einem der Freund / die Freundin gerade gesagt bzw. geraten hat. Und dann…? …verlässt einen der „Mut“…
Aber, was ist „Mut“? Heißt mutig sein grundsätzlich, sich von Klippen, aus Flugzeugen oder von Häusern zu stürzen? Etwas zu tun, indem man sich Gefahren aussetzt? Ja, auch das hat alles ganz gewiss mit Mut zu tun.
Bei dem „Mut“ den ich meine geht es aber mehr um alltägliche Dinge.
Eine schöne Definition, die ich gefunden habe, ist: „Die Bereitschaft, angesichts zu erwartender Nachteile etwas zu tun, was man für richtig hält.“
Und solche alltäglichen Mut-Situationen kennt wahrscheinlich jeder von uns. Man weiß im Grunde ganz genau, dass das, was man möchte (weil der Bauch mit einem spricht), genau das richtige ist zu tun. Aber man traut sich nicht.
Es verlässt einen der Mut….
- jemand anderem die Meinung zu sagen und für sich selbst einzustehen
- einen Fremden anzusprechen, weil man ihn oder sie gerne kennenlernen möchte
- jemandem den man liebt, einfach zu sagen, dass man ihn oder sie liebt
- sich von Dingen zu trennen, die einen belasten und die man mit sich rumschleppt, weil man denkt, man hätte dann gar nichts mehr oder, weil es zu schade wäre, etwas wegzuschmeißen oder zu verschenken
- sich von Menschen / Freunden zu trennen, die einem nicht guttun und die eigentlich nie oder nur selten für einen da sind
- sein Leben so zu gestalten, wie man es sich erträumt, weil man denkt, dass man das eh nicht schafft oder die Gegebenheiten es nicht möglich machen würden
- den Sprung in die Ungewissheit zu wagen und darauf zu vertrauen, dass man auf sich selbst vertrauen und alles schaffen kann, wenn man es wirklich will.
Und so könnte ich die Liste der nicht vorhandenen Bereitschaft etwas zu tun, was man für richtig hält, weil man denkt, es könnte ggf. Nachteile mit sich bringen, endlos weiterführen.
Wer kennt diese Situationen nicht in seinem täglichen Alltag?
Man WILL schon lange jemandem mal die Meinung sagen. Man WILL jemandem sagen, dass man ihn / sie liebt. Man WILL sein Leben so leben, wie man es sich erträumt. Man WILL…!
„Es ist nicht genug, zu wollen, man muss auch tun.“ – Johann Wolfgang von Goethe
Jaaaa, das sagt sich so einfach, lieber Johann Wolfgang!
Ja, jeder Anfang ist schwer. Aber jeder Anfang startet mit einem ersten kleinen Schritt. Und dann kommt der nächste und der nächste und der nächste Schritt. Man muss sich davon verabschieden, dass es auf Anhieb perfekt sein muss oder, dass man für alles immer gleich die richtigen Worte findet. Das muss es nicht! Würde man das wollen, würde man nie anfangen.
Ob es gleich funktioniert oder etwas passieren könnte hat uns als Kinder und Jugendliche doch auch in den seltensten Fällen interessiert oder gar abgehalten. Weil wir uns oft einfach auch keine Gedanken darüber gemacht haben, ob es irgendwelche „negativen Folgen“ haben könnte.
Ich bin auf Bäume geklettert und als ich oben war hatte ich keine Ahnung, wie ich wieder runterkommen sollte. Ich bin vom 5 Meter Brett im Schwimmbad gesprungen und hab mir keine Gedanken gemacht, ob ich unten richtig aufpralle oder nicht. Ich habe im Schultheater „Memories“ aus dem Musical Cats gesungen (…nun denn…) und hatte keine Ahnung, ob man mich ausbuhen würde oder nicht. Auf derselben Bühne habe ich bei Aufführungen getanzt und mir auch keine Gedanken gemacht, wie die Zuschauer es finden oder meine Mitschüler über mich denken würden. Ich bin mit dem Schlitten die „Todespiste“ runter und habe häufig genug Klamotten jenseits von gut und böse getragen.
Was ist in der Zwischenzeit mit einem passiert? Hat man früher auf die ewigen Bedenkenträger einfach nicht gehört? War man einfach nur wild und neugierig auf Erfahrungen? Das Gefühl des Wagnisses. Das Adrenalin, der Kick, das, was man sich vorgenommen hat einfach zu tun. Losgelöst von Unsicherheit, Scham und Schüchternheit. Der Reiz des Unbekannten, die Hoffnung auf Erfolg und das Glück alles erreichen zu können, was man sich wünscht, weil man einfach nur mutig war, auf sich zu vertrauen, die richtige Entscheidung zu treffen, alle Bedenken über Bord zu werfen, weil alles in einem schreit „TU ES!!!“
Und dann springt man vom 5 Meter Brett, man singt, tanzt vor Publikum und stürzt sich in seiner Fashion-Extravaganz die „Todespiste“ hinunter und erlebt ein Gefühl des puren Glücks, der Befreiung, des Stolzes es gemacht zu haben und des Adrenalins, das den eigenen Körper durchströmt. Und man will mehr…von diesem Rausch des Seins.
Und wenn man heute daran denkt, kann man es immer noch fühlen.
Jeder kann sich diesen alltäglichen Mut zurückholen. Indem man TUT. Schritt für Schritt.
Ich habe irgendwann mit diesem Blog angefangen. Keine Ahnung von IT und Technik. Keine Ahnung, wie man eine Web-Seite zusammenbaut, keine Ahnung vom Schreiben, keine Ahnung davon, ob und wer meinen Blog lesen wird und auch keine Ahnung davon, ob es überhaupt jemandem gefällt oder man sich der „Gefahr“ aussetzt ausgebuht zu werden. Wen interessierts. Es fühlte sich richtig an. Ich wollte es. Ich habe es getan. Angefangen. Schritt für Schritt.
Ich habe mein Leben reduziert und reduziere es noch weiter. Von 120 qm, auf aktuell 90 qm und demnächst auf 35 qm, die ich entschieden habe zu kaufen und künftig mein Eigen zu nennen. Ich weiß nicht, ob es mir dort gefallen wird. Aber es fühlte sich richtig an mir die 35 qm zu kaufen und ich habe es einfach getan.
Mein Kleiderschrank reduziert sich von knapp 3m auf künftig 1 m. Meine Schuhe von derzeit 2 großen Schuhschränken auf vrstl. einen halben Schuhschrank. Mein „eigener Douglas Laden“ in meinem Bad reduziert sich künftig auf einen kleinen Schrank. Und mein „eigenes Juwelier-Geschäft“ verkleinert sich auf den Schmuck, den ich tatsächlich jeden Tag und gerne trage. Irgendwann war dieser Gedanke all das los zu werden da. Sollte ich es wirklich tun? Ich hatte keine Ahnung und habe keine Ahnung, ob es mir gefallen wird und ob ich es später auch noch gut finde. Aber ich will es jetzt! Also tue ich es. Schritt für Schritt.
Ich bin kein Picasso oder van Gogh. Aber ich male. Und ich erlebe bei jedem Mal-Event Menschen, die es aus meiner Sicht noch weniger können als ich und trotzdem so mutig und dazu auch noch so stolz sind ihre gemalten Werke am Ende des Abends vor allen zu präsentieren. Richtig so!
Oder meine Freundin, die ihren Job gekündigt hat und nach Hamburg gezogen ist und die im letzten Jahr allein (zwar mit einer Reisegruppe, dort aber niemanden kannte) eine Indienrundreise gemacht hat. Und eine andere Freundin, die ihre Urlaube in der entlegensten Wildnis und in Dschungeln mit Menschen und Tieren verbringt, die wir nur aus dem Fernsehen kennen.
Es ist Zeit mutig zu sein und das zu tun, was sich für einen richtig anfühlt. Für sich und für seine Wünsche einzustehen und zu sagen, was man möchte oder auch denkt. Zu tun, worauf man Lust und woran man Spaß hat und alles andere einfach zu lassen. Altes los- und Neues hineinzulassen. Hört auf euer Gefühl, auf euren Bauch. Lasst euer Gehirn nicht außen vor, es spielt nicht gern allein. Und wenn weder Bauch noch Kopf euch weiterhelfen, dann hört auf euer Herz. Es liegt genau dazwischen und weiß am Ende sicher am besten, was richtig ist. Macht den ersten Schritt. Und ist der Schritt vielleicht noch so klein. Es ist ein Schritt und damit ein Anfang, der euch den Mut für den nächsten Schritt geben wird.
Macht man es nicht wird man immer denken, wie es wohl gewesen wäre, wenn man es einfach gemacht hätte. Und wenn man es dann gemacht hat denkt man immer, warum hab ich so lange gebraucht, um es zu tun…
Für alle Mutigen und diejenigen, die es (wieder) werden wollen.
In diesem Sinne, i-doitnow
P.S.: Und weil ich meine Habseligkeiten und Besitztümer bis zu meinem Umzug in meine 35 qm Mini-Oase weiter reduzieren muss und auch will, starte ich parallel zu meinen wöchentlichen Beiträgen noch eine Reduzieren-Challenge, die ihr in Schrift und Bild mitverfolgen könnt. Der Frühling naht. Es ist ein guter Zeitpunkt Ballast los zu werden ,-) Also, folgt meinem Blog dann verpasst ihr keine News!
Wir teilen einen gemeinsamen Abend bei Katrin und ein Grundgefühl für Mut und Tat. Schön Dich getroffen zu haben. Schön das Du tust was Du liebst. Ich bin so mega gespannt auf das Leben das vor uns liegt, dem wir jeden Tag mutig, schlau und liebevoll ein Stück entgegen gehen.
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Liebe Cordula, lieben Dank, für deinen Kommentar. Dem kann ich mich nur anschließen und uneingeschränkt zustimmen.
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Was für eine mutige Frau. So ein toller Artikel, der Mut macht, mitzumachen und seinen eigenen Weg zu gehen. Schritt für Schritt.
Liebe Katrin,
ganz, ganz lieben Dank, für diesen schönen Kommentar und einen phänomenalen gestrigen Abend!!
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